Die Kinderurologie umfasst die Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen der Harn- und Genitalorgane bei Kindern.
Enuresis nocturna (Einnässen)
Als Bettnässen wird die unkontrollierte Harnentleerung tagsüber oder nachts bei Kindern über 5 Jahren bezeichnet. Buben sind etwas häufiger betroffen als Mädchen. Meist handelt es sich nur um eine vorübergehende Erscheinung. Eltern können aber immer davon ausgehen, dass Kinder nie absichtlich ins Bett machen.
Da Bettnässen häufig tabuisiert und deswegen verschwiegen wird, gibt es nur Schätzungen, wie viele Kinder tatsächlich davon betroffen sind: Man geht davon aus, dass im Alter von 5 Jahren bis zu 20% der Kinder einnässen, zu Schulbeginn sind es noch 7–10%. Der Anteil der Betroffenen nimmt von Jahr zu Jahr – auch ohne Therapie – um rund 15% ab, sodass nach der Pubertät nur noch 1–2% einnässen.
Allgemeine Maßnahmen
Durch Einhaltung dieser Maßnahmen werden bereits 15–20% aller betroffenen Kinder trocken.
- Information und Motivation
- Enttabuisieren der Thematik
- Änderung des Trinkverhaltens: Die Haupttrinkmenge sollte bis zum mittleren Nachmittag aufgenommen werden, die durchschnittliche Tagestrinkmenge liegt bei 30 ml pro Kilogramm und Tag.
- Zwei Stunden vor dem Zubettgehen nur mehr wenig trinken, Verzicht auf Milch oder kohlensäurehaltige Getränke
- Führen eines Miktionskalenders zur Registrierung trockener oder nasser Nächte
- Positive Bestärkung (Belohnung der Kinder)
- Stuhlregulierung bei hartem Stuhlgang oder Verstopfung
Medikamentöse Behandlung
- Desmopressin
Desmopressin ist ein synthetisch hergestelltes Hormon (ADH) und gleicht einen Mangel aus, bis der Körper selbst in der Lage ist, ADH in ausreichender Menge zu produzieren. Es wird angewendet, wenn über Nacht zu viel Harn produziert wird. Der Erfolg tritt meist schon nach wenigen Tagen ein. In der Regel wird es als Dauertherapie über mehrere Monate eingesetzt; es eignet sich aber auch für kurze Zeiträume, etwa wenn das Kind unbedingt trocken sein möchte (Übernachtung bei Freunden, Schulausflüge). Desmopressin ist als „normale“ Tablette und als Schmelztablette, die sich im Mund sofort auflöst, erhältlich.
- Anticholinergika
Anticholinergika werden angewendet, wenn dem Bettnässen eine Entwicklungsverzögerung zugrunde liegt. Es vergrößert die Fasskraft der Harnblase und vermindert dadurch die Symptomatik.
Alarmtherapie
Ein Sensor in der Unterhose sendet ein Signal an einen Wecker, der einen meist akustischen Alarm auslöst, wenn die ersten Tropfen Harn fließen. Das Kind wird aufgeweckt und kann zur Toilette gehen. Der Weckreiz im Rahmen der Alarmtherapie ist also immer an das Einnässen gekoppelt. Das Kind lernt durch diese Konditionierung, schon während der Blasenfüllung die Blasenentleerung unwillkürlich zu unterdrücken und weiterzuschlafen oder noch vor dem Einnässen aufzuwachen. Somit bleibt das Bett trocken. Die Erfolgsrate der Alarmtherapie liegt nach zwei bis sechs Monaten bei etwa 80%.
Phimose (Vorhautenge)
Die Phimose ist eine angeborene oder erworbene Verengung der Vorhaut, die bei Säuglingen und Kleinkindern physiologisch ist. Bei Auftreten klinischer Symptome oder Fortbestehen der Phimose über das Pubertätsalter hinaus ist von einer pathologischen Phimose auszugehen und eine konservative Therapie mit topischen Glucocorticoiden oder Östrogen indiziert; ggf. wird eine Zirkumzision notwendig.
Kryptorchismus (Hodenhochstand)
Entsprechend der griechischen Bedeutung von kryptos (verborgen) ist der Hoden nicht auffindbar. Der Hodenhochstand (Maldescensus testis) beschreibt eine Lageanomalie des Hodens, entweder im Bereich der physiologischen Abstiegsstrecke des Hodens (Retentio testis) oder außerhalb davon (Hodenektopie). Da in den ersten 6 Lebensmonaten die Spontandeszensus-Rate hoch ist, kann zunächst abgewartet werden. Liegt der Hoden nach 6 Monaten noch immer nicht im Skrotalfach, ist eine hormonelle und/oder operative Therapie indiziert. Aufgrund des mit der Zeit zunehmenden Risikos für Fertilitätsstörungen und Hodenmalignome sollte die Therapie bis zum 1. Geburtstag abgeschlossen sein.
Einen Sonderfall stellt der sog. Pendelhoden dar, der infolge eines verstärkten Kremasterreflexes nur intermittierend außerhalb des Skrotalfachs zu liegen kommt. Hier ist i.d.R. keine Therapie notwendig. Es sollten jedoch bis zur Pubertät regelmäßige Kontrollen erfolgen, um eine sekundäre Aszension rechtzeitig zu erkennen.